Mandeln: von der Mandelfrucht zur Mandelmilch

Die Mandel, eigentlich keine Nuss, sondern eine Steinfrucht, taucht mit dem 14.Jahrhundert *) auffallend oft in schriftlichen Quellen und archäologischen Funden vor allem im städtischen Umfeld auf. Anfangs nur in Klöstern, dann im Adel und auch im Bürgertum verwendet, verbreitet sich die aus Südeuropa importiere Mandeln im Laufe des Spätmittelalters auch in den umliegenden Dörfern der Städte. 2)
In den Schriftquellen lässt sich diese Verbreitung nachvollziehen. Beispielsweise verfügt im Jahr 1310 der Rat von Hildesheim den freien Verkauf von Reis, Mandeln und Feigen mit der Begründung, dass sie zur Nahrung gehören und damit zum allgemeinen Nutzen. Nicht ganz 200 Jahre später beschweren sich die städtischen Händler, dass auch in den umliegenden Dörfern Mandeln und Rosinen gehandelt werden. Die Nachfrage stieg und wurde nicht nur in den Städten bedient. 3)

Der Mandelbaum benötigt ein gemäßigtes Klima zum Wachsen und Tragen von Früchten. Er wurde bereits von den Römer (gemeinsam mit der Weinrebe) in ihren Siedlungsgebieten am Rhein kultiviert. 4) Die Nachfrage des Spätmittelalters führte dazu, dass der Mandelbaum in den Weinanbaugebieten (z.B. rund um Speyer) in großen Mengen angepflanzt wurde.
Sebastian Münster (der, vom alten 100 DM Schein) schrieb Ende des 15. Jahrhunderts: „Rund um Dietesheim am Rhein sei ein einziger Wald von Mandelbäumen!“ 3)
Übrigens: noch bis in die 1940er Jahre wurden Mandeln in Deutschland an der Bergstraße erwerbsmäßig angebaut. 4)

In Rezepten wird Mandelmilch oftmals, aber nicht ausschließlich, in Speisen für die Fastenzeit als Milchersatz verwendet.

Im Buch von der guten Speise 5) wird die Herstellung kurz und knapp im Rezept 24 beschrieben:
< … > nim mandelkern, mache daz in siedeme wazzer, stoz sie vnd twinge sie durch ein tuoch oder mal sie < … >. Ähnlich kurz ist es auch in anderen Kochbüchern beschrieben. Wenn ich die verschiedenen Beschreibungen aber zusammenpuzzle, dann ergibt sich daraus das:

Ungeschälte Mandeln mit kochendem Wasser übergießen, warten bis die Flüssigkeit handwarm ist und dann die dünne braune Pelle entfernen. Die weißen Mandeln mörsern oder mahlen und mit Wasser, Wein oder (Ziegen)Milch (oder auch einer Mischung daraus) ansetzen und stehen lassen. Die Zeitangaben der Rezepte schwanken zwischen „sofort“ und über Nacht stehen lassen. Die Mandelmilchmasse über einem Tuch oder einem Sieb abtropfen lassen. In diesem Fall ist die Mandelmilch dünnflüssig. Alternativ wird auch von einer dicken/zähflüssige Mandelmilch 6) gesprochen. In diesem Fall wird die Mandelmilchmasse nach der Ruhezeit vollständig verwendet.

Mandelmilch selbst herstellen ist viel Arbeit, aber lohnt sich geschmacklich.
Wer Mandelmilch kaufen möchte, sucht diese in den Regalen vergeblich. Dort ist nur Mandeldrink finden. Trotz der Jahrhunderte in denen Mandelmilch hergestellt wird, diese unter diesem Namen bekannt und verbreitet ist, darf Mandelmilch aufgrund einer EU Verordnung 7) aus dem Jahre 2013 nur mehr Mandeldrink heißen. Leider konnte sich die Mandelmilch nicht auf ihr Gewohnheitsrecht berufen.



 *) Es finden sich in der Literatur frühere Belege für Mandelmilch und die Verwendung von Mandeln. Sie werden bereits im Tristan von Gottfried von Straßburg. im ‚Renner‘ Hugos von Trimberg erwähnt. 1)

1) https://woerterbuchnetz.de
2) Anne Schulz - Essen und Trinken im Mittelalter 1000- 1300
3) Evamaria Engel, Frank-Dietrich Jacob - Städtisches Leben im Mittelalter.
4) https://utopia.de
5) Das buoch von guoter spise (s. Culinaria )
6) Thomas Gloning, Rheinfränkisches Kochbuch um 1445
7) EU Verordnung
zur Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse
Fotos: DeTimmermansche

Mein Mandelmilchrezept:
Ich übergieße die Mandeln mit kochendem Wasser und häute sie. Wenn sie trocken sind, mahle ich sie mit der Handmühle. Abhängig von der Weiterverwendung verwende ich Wasser oder WasserWeinGemisch (3:1) oder auch Milch. Ich drück die Mandelmasse in einem Seituch aus.